Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Sie haben es der Einführung schon entnommen. Es werden jetzt vor allem theoretische Überlegungen
von mir dargelegt, die so auch in meiner Doktorarbeit stehen. Ich habe versucht,
es ein bisschen anschaulicher zu gestalten. Es gehen dann auch immer Erfahrungen ein aus unseren
Projekten in der Arbeitsmedizin. Allerdings werden jetzt keine konkreten empirischen
Ergebnisse vorgestellt. Es geht also um theoretische Überlegungen zum Umgang mit
Gesundheitsrisiken. Unser Handeln ist immer mit einer mehr oder weniger großen Unsicherheit
behaftet. Die Welt ist ja kein deterministisches System. Beim Handeln in Prävention und
Gesundheitsförderung, sei es ob jetzt der Einzelne handelt oder politische Institutionen oder
Unternehmen, kommen ganz spezifische Unsicherheiten zum Tragen, die die Rahmenbedingungen für das
dortige Handeln darstellen und die kluge Handlungsstrategien berücksichtigen sollten.
Das ist jetzt unser heutiges Thema und es kommen sechs Begriffe vor, die ganz wesentlich sind,
wenn man drüber sprechen will und je sozusagen genauer man über dieses Thema sprechen will,
je genauer muss man natürlich auch diese Begriffe definieren oder sich Gedanken
darüber machen, was gemeint ist. Diese Begriffe sind Krankheit und Gesundheit,
ist kein Wunder, Prävention und Gesundheitsförderung haben wir schon im Titel und Gefahren und Risiken.
Und zwei sehen sie immer, die gehören ja immer irgendwie zusammen, Krankheit und Gesundheit
haben miteinander sehr eng zu tun. Wir müssen uns dann fragen Prävention und Gesundheitsförderung,
ist es irgendwie dasselbe oder ist es was anderes, wie kann man das verstehen? Und ja,
dann möchte ich noch den Unterschied zwischen Gefahren und Risiken machen, weil der für das
Handeln dann wesentlich ist. Beginnen wir mal mit dem Krankheitsbegriff. Wer oder was bestimmt
eigentlich was krank ist, was wir krank nennen, was wir also schließlich in Prävention vermeiden
wollen. Wer bestimmt, wer gesund ist und was gesund ist und was also gefördert werden soll.
Die Ärzte, der Staat, Unternehmen, der Betroffene selbst und immer wieder fällt auf, dass der
Krankheitsbegriff so mannigfaltig in der Alltagssprache verwendet wird. Es wird auch
immer wieder versucht da einen Missbrauch zu treiben. Da habe ich jetzt ein Beispiel dabei
und zwar das ist Trauer im DSM-5, dieses amerikanische Klassifikationssystem, kennen
Sie vielleicht. Das kam kürzlich neu heraus und die Trauer wurde da neu bestimmt und dazu sagt
der Professor Kornhuber von unserer Uni hier, als besonders problematisch erachte ich allerdings,
dass die Schwelle zur Diagnose einer schweren Depression bei trauernden Menschen, die eine
geliebte Person verloren haben, gesenkt wird. Das könnte dazu führen, dass viele Trauernde bereits
nach kurzer Zeit, die Rede ist hier von zwei Wochen, die Diagnose einer Depression erhalten
und dann möglicherweise sogar mit Medikamenten behandelt werden. Und er sagt weiter, wir sollten
uns dafür hüten, jede Abweichung von einer Durchschnittsnorm und jede Missempfindung als
psychische Störung zu diagnostizieren und schlimmer gleich medikamentös zu behandeln. Das normale
menschliche Verhalten ist bunt und vielfältig und das ist gut so. Trauer, Wut, Verliebtheit sind
meist normal. Also hier auch wieder die Frage, was wollen wir eigentlich bei Prävention und
Gesundheitsförderung verhindern und was sagen wir eigentlich, ja das ist eigentlich okay. Ich
möchte Ihnen jetzt und zum Krankheitsbegriff kann man sehr lange Überlegungen anstellen,
in meiner Arbeit sind es sehr viele Seiten und man kann auch sicher mehr als eine Stunde drüber
reden. Es gibt auch viele Autoren. Ich möchte Ihnen einfach meinen Vorschlag jetzt vorstellen.
Eine Begründung geben kann ich Ihnen auf die Schnelle nicht. Sie können es dann, aber wenn
Sie möchten, gerne nachlesen. Ich hoffe, es ist Ihnen trotzdem plausibel. Unser Vorschlag ist,
dass eine Person als krank bezeichnet werden kann oder dass wir etwas als Krankheit bezeichnen,
wenn ein Funktionsdefekt, ein körperlicher mehr oder weniger Defekt vorliegt, wobei ich die Psyche
in dem Falle zum Körper zähle. Also ganz umgangssprachlich gesagt, wenn was nicht am
Körper in Ordnung ist und dass die zweite Bedingungen von einem aktuellen oder zukünftigen
Leiden des Betroffenen aufgrund dieses Defekts ausgegangen werden kann. Also der Krankheitsbegriff
ist dann kein empirischer Begriff in dem Fall, sondern er ist eine Mischung. Nämlich einerseits
muss etwas empirisches vorliegen. Defekt kann der Mediziner feststellen, der Pathologe und zum
Presenters
Dr. Johannes Kiesel
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:05:24 Min
Aufnahmedatum
2014-11-06
Hochgeladen am
2014-11-10 11:00:58
Sprache
de-DE
Der Vortrag stellt theoretische Überlegungen zum Handeln in Prävention und Gesundheitsförderung (schwerpunktmäßig aus der Sicht des Einzelnen) vor, im Wesentlichen ein Thema, das von Dr. Kiesel auch in seiner philosophischen Dissertation bearbeitet wurde.